Die Weinbergschnecke Jeremy erlangte Berühmtheit für ihr seltenes, linksgewundenes Schneckenhaus, während ihre Artgenossen normalerweise nach rechts gewunden sind. Forscher haben nun herausgefunden, wie diese Anomalie entsteht und Jeremy für die Untersuchung der Genetik der Schneckenhauswicklung verwendet.
Die Entdeckung von Jeremy war eher unspektakulär. Das Tier tauchte vor mehr als vier Jahren auf einem Komposthaufen im Südwesten von London auf. Jeremy hatte ein linksgewundenes Schneckenhaus, im Gegensatz zu 99,9999 Prozent seiner Artgenossen, die rechtsgewunden sind.
Linksgerichtete Schneckenhäuser sind nicht das einzige Merkmal der Linksprägung. Die Innereien der Weinbergschnecke sind ebenfalls asymmetrisch verteilt, einschließlich der Fortpflanzungsorgane. Die geschlechtliche Vereinigung zwischen zwei Rechts- oder Links-Schnecken ist daher äußerst schwierig und unwahrscheinlich.
Jeremy musste also eigentlich ein Leben lang auf einen Partner verzichten. Doch dann begann eine eher unwissenschaftliche Wundergeschichte namens Online-Dating. Durch einen Aufruf des Genetikers Angus Davison in der BBC und den Hashtag #snaillove wurden mehr als 40 Schnecken mit linksgewundenen Häusern gefunden, darunter auch Tomeu aus Mallorca, eine weitere Linksschnecke. Trotzdem entschieden sich Tomeu und Lefty, ein Artgenosse von Jeremy, für einander und ließen Jeremy links liegen. Lefty und Tomeu brachten schließlich 170 Nachkommen hervor, allesamt rechtsgewunden.
Im Sommer 2017 wurde jedoch auch Jeremy von Tomeu erhört. Nach der Vereinigung mit ihm legte Tomeu 56 Eier mit Schnecken-Nachkömmlingen, von denen mindestens ein Drittel laut den Forschern Jeremy zum Vater haben. Im Oktober 2017 verstarb Jeremy stolz als ausgezeichnetes Exemplar der Schöpfung und wurde von einer respektvoll erschütterten Welt betrauert.
Die Forscher schufen auch Gelegenheiten für alle linksgewundenen Schnecken und untersuchten die Nachkommen aller Schnecken. Die Ergebnisse zeigten, dass lediglich 1,7 Prozent der Schnecken linksgewundene Häuser trugen. Laut Davison sei dies ein Beleg dafür, dass das Gen von beiden Eltern teilweise rezessiv weitergegeben werde. Es sei also eher ein Entwicklungsunfall als Vererbung.
Abschließend sagte Davison zum verblichenen Jeremy: „Man kann sagen, dass wir versucht haben nachzubilden, was Jeremy so auszeichnete, aber das war nicht möglich. Jeremy war außerordentlich.“